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E-Rechnungspflicht: Interview mit Richard Luthardt vom Verband elektronische Rechnung

Ab dem 1. Januar 2025 müssen Unternehmen in Deutschland imstande sein, E-Rechnungen in den strukturierten Formaten XRechnung und ZUGFeRD zu empfangen. Für die Verpflichtung zum Versand elektronischer Rechnungen gelten Übergangsregelungen, die am 1. Januar 2028 enden. Ab diesem Zeitpunkt ist jedes Unternehmen verpflichtet, E-Rechnungen zu versenden. Kleinbetragsrechnungen unter 250 Euro und Ticketverkäufe sind von der E-Rechnungspflicht ausgenommen. Die häufigsten Fragen zur E-Rechnungspflicht beantwortet der Experte Richard Luthardt im folgenden Interview.


Welche Rechnungsformate werden nach dem Inkrafttreten der E-Rechnungspflicht noch zulässig sein?

Richard Luthardt: E-Rechnungen müssen entweder den Anforderungen der Richtlinie 2014/55/EU und damit der Norm EN 16931 entsprechen oder eine vollständige und korrekte Extraktion der erforderlichen Daten ermöglichen. Die gängigen Formate ZUGFeRD 2.x und XRechnung entsprechen der Norm EN 16931.

Die XRechnung ist eine XML-Datei ohne visuelle Komponente. Da sie kein Bild der Rechnung enthält, muss der Inhalt visualisiert werden. Dies geschieht durch einen Viewer in der empfangenden Software, der den strukturierten Datensatz der E-Rechnung über ein Sichtdokument lesbar macht.

Das Hybridformat ZUGFeRD ab Version 2.x. besteht aus der visuellen Komponente (PDF-Datei) und dem strukturierten Datensatz, der XML-Datei. Übrigens: PDF-Rechnungen sind als reine Bildrechnungen keine E-Rechnungen und entsprechen nicht der Norm EN 16931.

Bisher wurden bei sogenannten Hybridrechnungen wie dem ZUGFeRD-Format der strukturierte XML-Teil und der visuelle Teil steuerlich gleich behandelt. Wie wird künftig verfahren?

Richard Luthardt: Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass bei hybriden Formaten wie dem ZUGFeRD-Format, das wie erwähnt aus einer Bilddatei und einem strukturierten Datensatz besteht, künftig der strukturierte Teil maßgeblich ist. Bei Abweichungen haben die Daten aus dem strukturierten Teil Vorrang vor den Daten aus der Bilddatei. Bisher gilt nach Abschnitt 14.4 Abs. 3 Satz 4 UStAE die Bilddatei als führender Teil, da auf die Lesbarkeit durch das menschliche Auge abgestellt wird. Mit der Einführung der E-Rechnungspflicht kehrt sich dieses Verhältnis um.

Wie sieht es mit EDI-Verfahren aus? Können diese trotz E-Rechnungspflicht weiter genutzt werden?

Richard Luthardt: Nach gegenseitiger Absprache zwischen Rechnungsempfänger und Rechnungssender kann weiterhin jedes andere strukturierte Format ausgetauscht werden. Voraussetzung ist jedoch, dass aus diesem Format die Pflichtangaben einer Rechnung nach den Vorgaben der EN 16931 extrahiert werden können. Es spricht also grundsätzlich nichts dagegen, weiterhin EDIFACT-Formate oder Inhouse-Formate zwischen Unternehmen auszutauschen. Es wird an einer Lösung gearbeitet, die eine Weiternutzung von EDI-Verfahren auch unter dem zukünftigen Rechtsrahmen weitestgehend sicherstellt.

Wie wirkt sich die E-Rechnungspflicht im Bereich der Belegarchivierung aus – Stichwort: Dokumentenmanagementsystem (DMS)?

Richard Luthardt: Mit der E-Rechnung rückt die Archivierung in den Fokus. Dies ist keine Neuerung der E-Rechnung, sondern gilt für alle elektronischen Archive, die steuerrelevante Daten und Dokumente aufbewahren: Nach § 14b UStG sind alle Rechnungen, die ein Unternehmer empfangen hat oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und für dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, zehn Jahre lesbar aufzubewahren. Hierzu sind die erforderlichen Programme bereitzuhalten. Die Rechnungen sind in der Form, in der sie übermittelt wurden, manipulationssicher aufzubewahren. Dabei sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoBD) zu beachten, zum Beispiel durch ein professionelles Belegarchiv.

“Die Verpflichtung zur E-Rechnung ist eine Chance für Unternehmen, ihre Prozesse zu optimieren und wettbewerbsfähig zu bleiben.”

Vor dem Hintergrund der ViDA-Initiative der EU-Kommission ist die E-Rechnungspflicht ja nur ein erster Schritt hin zu einem digitalen Umsatzsteuer-Meldesystem. Wann ist mit einem solchen System in Deutschland zu rechnen?

Richard Luthardt: Die Einführung der E-Rechnung in Deutschland ist Voraussetzung für die künftig vorgesehene Verpflichtung der Unternehmen, steuerbare und steuerpflichtige Umsätze im B2B-Bereich an ein bundesweit einheitliches elektronisches System der Finanzverwaltung zu melden. Sinn und Zweck dieses Meldewesens ist die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs im Inland.

Im Vorgriff auf die Einführung des Meldesystems ist die E-Rechnung bereits jetzt verpflichtend, auch um die notwendigen technischen und organisatorischen Umstellungsarbeiten in den Unternehmen zeitlich zu entzerren. Die Einführung des Meldewesens in Deutschland ist nach derzeitigem Stand für Januar 2028 vorgesehen.

Wie ist der aktuelle Planungsstand auf EU-Ebene?

Richard Luthardt: Die Europäische Kommission hat im Dezember 2022 ihren Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL, RL 2006/112/EG) und der dazugehörigen Durchführungsverordnungen im Rahmen der Initiative „VAT in the Digital Age“, kurz ViDA, veröffentlicht. Ziel ist auch hier die Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs.

Der Vorschlag für das Legislativpaket beinhaltet Regelungen zu Meldepflichten von umsatzsteuerrelevanten Informationen und die verpflichtende Ausstellung von elektronischen Rechnungen bei grenzüberschreitenden Lieferungen und Leistungen. Ab 2028 soll ein EU-weites Umsatzsteuer-Meldesystem für innergemeinschaftliche Umsätze eingeführt werden.

Damit dieses Gesetzespaket verabschiedet werden kann, müssen alle 27 Mitgliedstaaten zustimmen. Eine Herausforderung angesichts der notwendigen Anpassungen der bestehenden nationalen Systeme. Es ist davon auszugehen, dass es zu Änderungen kommen wird, sowohl was den Zeitpunkt der Einführung als auch den Inhalt betrifft.

Welche Maßnahmen sollten Unternehmen, die ihre Rechnungsprozesse noch nicht digitalisiert haben, jetzt ergreifen?

Richard Luthardt: Unabhängig davon, wann Rechnungsprozesse im Unternehmen auf E-Rechnungen umgestellt werden, müssen Betroffene ab dem 1. Januar 2025 in der Lage sein, E-Rechnungen zu empfangen und in ihren Finanzbuchhaltungssystemen zu verarbeiten. Je früher sie dies tun, desto früher können sie von den Vorteilen elektronischer Rechnungsprozesse profitieren.

Im Vorfeld sind dabei einige Punkte zu klären. Dazu gehören beispielsweise die technischen Voraussetzungen und die Integration in bestehende Systeme. Auch der Datenschutz und die zwingende Notwendigkeit, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die neuen Prozesse einzubinden und umzuschulen. Der Aufwand zur Erfüllung dieser gesetzlichen Anforderungen variiert je nach Digitalisierungsgrad der Unternehmen. Helfen können hier neben dem IT-Dienstleister auch spezialisierte Berater, der Steuerberater und E-Invoicing-Anbieter.

Welche Vorteile ergeben sich für Unternehmen aus digitalen Rechnungsprozessen?

Richard Luthardt: Der Einsatz von E-Invoicing eröffnet erhebliche Möglichkeiten für effizientere Strukturen. Praktische Vorteile werden nach erfolgreicher Einführung zukünftig unter anderem die medienbruchfreie Verarbeitung (fehleranfällige manuelle Eingaben werden überflüssig), kürzere Durchlaufzeiten, geringerer Papierverbrauch, Wegfall von Portokosten und Transportwegen und vieles mehr sein.

Diese Vorteile zeigen, dass die Verpflichtung zur E-Rechnung nicht nur eine gesetzliche Vorgabe ist, sondern auch eine Chance für Unternehmen, ihre Prozesse zu optimieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Es ist an der Zeit, die Weichen für die Zukunft zu stellen und die Digitalisierung als Chance zu begreifen.

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Artikel vom 30.07.2024

Schlagwörter: Dokumenten-Management, Digitalisierung, Rechnungswesen

 

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