Anlagenbauer Oschatz standardisiert seine weltweite Unternehmenskommunikation mit fertigungsspezifischer ERP-Lösung
Manche mögen´s heiß
Wenn es anderen zu heiß wird, erreicht der Anlagenbauer Oschatz seine bevorzugte Betriebstemperatur: Das Essener Traditionsunternehmen ist Spezialist für Abhitzekessel. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich der Auftragsfertiger ein reichhaltiges Ingenieurwissen in der thermischen Entsorgung industrieller Abfallstoffe erworben. Kunden aus Chemietechnik, Eisen- und Stahlmetallurgie, Stahlmetallurgie, Nichteisenmetallurgie und Umwelttechnik haben Oschatz zu einem der führenden Anbieter werden lassen.
Um diese Position zu behaupten, vollzieht das Unternehmen seit etwa zehn Jahren einen tief greifenden Wandel. Denn auf den Lorbeeren der Vergangenheit kann sich das Management nicht ausruhen. Da die europäischen Stammmärkte stagnieren und sich der Konkurrenzdruck stetig verschärft, müssen neue Märkte erschlossen werden. Oschatz antwortet auf diese Anforderungen mit einer zweigleisigen Strategie. Zum einen diversifiziert der Anlagenbauer seine Produktpalette, wie zum Beispiel mit dem erfolgreichen neuen Produktbereich Biomasse-Reststoffverbrennung.
Zum anderen treibt das Untenehmen die Internationalisierung seines Geschäfts voran. Hierbei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf dem chinesischen Markt. Während sich die Essener Unternehmenszentrale fortan auf die kaufmännische Geschäftsführung, den Vertrieb, die Angebotsabwicklung und die Projektsteuerung konzentriert, wurden die Konstruktion nach Tschechien und die Fertigung nach Istanbul ausgelagert. Zudem entstand eine Handelsgesellschaft in China.
Integration statt Kleinstaaterei
Doch gerade die Internationalisierung stellte Oschatz vor gänzlich neue Anforderungen. ”Mit jedem neuen Standort wurde es zunehmend schwieriger, die laufenden Projekte auf herkömmliche Weise zu überblicken und zu steuern“, erinnert sich Christian Exner, IT-Leiter und Organisationsentwickler bei Oschatz. Dies lag in erster Linie an den damaligen Kommunikationsstrukturen und an den unterstützenden IT-Systemen. Jeder Fachbereich hatte sich individuelle Lösungen geschaffen, vorzugsweise auf Basis von Excel oder Visual Basic. Somit bestand keine unternehmensübergreifende Datenbasis. Um die Barrieren zwischen den Abteilungen zu überbrücken, waren Mehrfacherfassungen an der Tagesordnung. Exner erläutert: ”Dieses Vorgehen war nur machbar, so lange wir uns auf einen Standort konzentrieren konnten.“
Doch nach dem Aufbruch in die internationale Organisationsstruktur forderten die Insellösungen einen zu hohen Tribut. Eine konsistente Informationsverarbeitung über alle Standorte hinweg ließ sich nicht mehr wirtschaftlich bewerkstelligen. Es zeichneten sich zu lange Liegezeiten an den jeweiligen Übergabepunkten ab. Gleichzeitig stieg das Risiko von Fehlerfassungen. Zudem wurde es für die Projektmanager laufend schwieriger, den Projektfortschritt zeitnah zu ermitteln und die Produktivität der Vorhaben im Auge zu behalten.
”Aber gerade, wenn sich die einzelnen Mitarbeiter nicht mehr persönlich kennen und oft auch gar nicht mehr dieselbe Muttersprache sprechen, dann sind eine gemeinsame Datenbasis und standardisierte Kommunikationsabläufe ein absolutes Muss“, betont Exner und führt aus: ”Konkret heißt dies, dass zum Beispiel unsere tschechischen Konstrukteure mit exakt denjenigen ingenieurtechnischen Vorgaben arbeiten wie unser deutscher Vertrieb. Denn nur wenn die linke Hand weiß, was die rechte tut, bekommen wir unsere Durchlaufzeiten in den Griff und bringen Licht in unsere Kostenstrukturen.“
Aus diesen Gründen traf Oschatz die strategische Entscheidung, seiner bisherigen IT-Kleinstaaterei ein Ende zu bereiten und diese durch eine integrierte fertigungsorientierte Gesamtlösung zu ersetzen. Vertrieb, Angebotskalkulation, Projektmanagement, Konstruktion, Beschaffung, Fertigung, Versandlogistik, Montage und Rechnungswesen sollten nur noch auf ein einziges IT-System zugreifen und darin ihre Abläufe steuern. Entsprechend erhielt IT-Leiter Exner den Auftrag, die Auswahl eines geeigneten ERP- (Enterprise Ressource Planning-) Systems zu organisieren.
Gleiche Augenhöhe
Zu Beginn des Auswahlverfahrens konnte der Anlagenbauer bereits auf einiges Markt-Know-how zurückgreifen. Wenige Jahre zuvor hatte Oschatz bereits eine Reihe von ERP-Großanbietern geprüft. Da sich deren umfangreiche Lösungen jedoch selbst mittelfristig nicht amortisiert hätten, hatte sich das Unternehmen damals gegen eine Investition ausgesprochen. Deshalb wurden im zweiten Anlauf bewusst nur mittelständische Softwarehäuser angesprochen, die betriebswirtschaftlich mit Oschatz auf einer Augenhöhe lagen.
Nachdem die IT-Abteilung eine Vorauswahl getroffen hatte, wurden die verbliebenen fünf Anbieter von Vertretern aller Fachbereiche systematisch geprüft. Ein Dummy-Prozess, der eine anlagenbauspezifische Aufgabenstellung beschrieb, trennte schließlich die Spreu vom Weizen. Lediglich zwei Anbieter konnten den Prozess zufriedenstellend abbilden. Die letztendliche Entscheidung fiel dann für das Software- und Beratungshaus ams.hinrichs+müller und dessen ausschließlich für die Auftragsfertigung entwickelte ERP-Lösung ams. Den eigentlichen Ausschlag gab das fundierte Auftragsfertigungswissen des Spezialisten. CIO Exner erklärt dies so: ”Viele der Berater und Produktentwickler von ams.hinrichs+müller haben früher selbst in der Auftragsfertigung gearbeitet. Deshalb sprechen sie unsere Sprache und denken in unseren Prozessen. Demgegenüber stammt die Mehrheit der übrigen Anbieter eher aus dem kaufmännischen Lager oder der Serienfertigung und hat deswegen eine ganz andere Denke.“ Als weiterer Grund kam hinzu, dass sich beim übrig gebliebenen Konkurrenten ein wirtschaftlicher Umbruch abzeichnete. ”Hier haben wir uns dann mit ams.hinrichs+müller für einen soliden Partner entschieden, der seit Ende der Neunziger Jahre auf einem stetigen Wachstumspfad ist“, begründet Exner.
Wachsende Stückliste
Anfang 00 startete die Einführung des integrierten Systems. Zunächst erhielt die Buchhaltungslösung Priorität, so dass zeitnah eine eurokompatible Lösung aufgebaut werden konnte. Danach machte sich Oschatz gemeinsam mit ams.hinrichs+müller an die Abbildung des Anlagengeschäfts. Die Implementierung schritt in Deutschland und Tschechien parallel voran. Im Anschluss folgte die Türkei. Das Projekt wurde von einem Kernteam aus zwei Organisationsentwicklern und einem besonders erfahrenen Konstrukteur in Vollzeit getragen. Später stießen auch der Leiter der Materialdisposition sowie ein bis zwei Key User aus sämtlichen Fachbereichen hinzu.
”Um das Projektgeschäft unternehmensweit zu standardisieren, haben wir uns zuallererst auf die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Kommunikationsnenner gemacht“, erinnert sich Organisationsentwickler Exner. ”Hierbei haben wir vom Endprodukt aus überlegt und die Baugruppe als Kernelement für die dezentrale Auftragsabwicklung identifiziert. Eine modulare Baugruppenstruktur erlaubt es uns, Produkte wie zum Beispiel einen Abhitzekessel beliebig tief über Baugruppen zu staffeln, die ihrerseits eine beliebige Anzahl von Untergruppen und Bauteilen beinhalten.“ Die jeweiligen Baugruppen lassen sich als Platzhalter im Stücklistenwesen von ams eintragen. Somit kann die
ingenieurtechnische Definition der jeweiligen Stücklistenpositionen erst im
Projektverlauf erfolgen. Auf diese Weise unterstützt das neue ERP-System die so genannte wachsende Stückliste, eine der spezifischsten Anforderungen der Auftragsfertigung. Denn im Gegensatz zu den Kollegen von der Wiederholfertigung entstehen bei einem Anlagenbauer wie Oschatz viele Auftragsinformationen erst nach Wochen und Monaten, teilweise erst kurz vor Auslieferung und Montage. ”Hier brauchen wir eine ERP-Lösung, die wie ein Projektmanagementsystem arbeitet. So können wir unsere komplexen Vorhaben durchgängig planen, selbst wenn vieles zunächst einmal nur in einer ersten Annäherung eingegeben werden kann“, sagt Christian Exner.
Mitlaufende Kalkulation
Dank der Integration profitiert Oschatz heute von einem konsistenten Informationsfluss. Bereits der Vertrieb kalkuliert auf Baugruppenbasis. Wird ein Auftrag gewonnen, so werden die Kalkulationen automatisiert in die Auftragsstückliste überführt und von den nachgelagerten Fachabteilungen weiter spezifiziert. Die in der Stückliste definierten Bauteile sind sowohl mit den ursprünglichen Angebotspositionen verknüpft als auch mit den Zeichnungsnummern der Konstruktion. Während der frühere Aufwand an manuellem Abstimmungsbedarf entfällt, stieg die Datenqualität signifikant an. Somit ist nun vor allem auch die Kommunikation zwischen Vertrieb und Konstruktion gesichert. Früher agierten beide auf getrennten Inseln, so dass es in der Kalkulation der Projekte zu Unterschieden kam. Bei Projektvolumina von bis zu 40 Millionen Euro ist dies jedoch nicht tragbar. ”Die Kommunikationsmauer zwischen den Abteilungen haben wir mit dem integrierten ERP eingerissen. Wir haben es geschafft, den Prozess zu standardisieren und zwar über alle Standorte hinweg“, resümiert Organisationsentwickler Christian Exner. ”Somit verfügen unsere Projektmanager über eine mitlaufende Kalkulation. In Echtzeit erfahren sie, ob sie mit den verfügbaren Ressourcen ihre Liefertermine und ihr Budget einhalten.“
Nicht zuletzt dank dieser Produktivitätsverbesserungen sieht sich Oschatz gut positioniert, um seine Internationalisierungsstrategie erfolgreich fortzusetzen. Der Anlagenbauer hat seine Fertigungskapazitäten auf den chinesischen Markt weiter ausgedehnt. Und damit auch das Reich der Mitte seinen Platz in der integrierten IT findet, haben Oschatz und sein ERP-Lieferant ams.hinrichs+müller ein weiteres Großprojekt gestartet: die Entwicklung einer chinesischen Version von ams. Weiterhin wird derzeit eine Schnittstelle zum neuen Dokumentenmanagementsystem entwickelt, so dass gerade die Konstruktionsstandorte Essen und Budweis komplett integriert arbeiten können.
Weitere Informationen: www.ams-erp.com
Artikel vom 25.06.2009
Schlagwörter: ERP, IT, Rechnungswesen
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