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SAP-S/4HANA-Migration im Handel: 10 Wochen bis zur Rollout-Strategie

in neuer Service von SAP schafft innerhalb von wenigen Wochen Klarheit darüber, wie aufwändig die Migration zu SAP S/4HANA Retail for Merchandise Management ist – und welche Funktionen den höchsten Mehrwert bringen.

Er heißt Monkey 47, The Duke oder Windspiel: Es gibt ihn von diversen Herstellern, beim Discounter bereits für knapp acht Euro, ein halber Liter eines guten Tropfen kostet jedoch schnell über 50 Euro. Der Gin ist in. Das dürfte den Einzelhandel freuen, doch war es bisher eine „Herausforderung, zeitlich begrenzte Sortimente anzubinden“, weiß Hans-Hermann Kittler, Lead Architect im Bereich Digital Business Service Trade bei SAP. Während die Modebranche seit jeher saisonal – und damit auch zeitlich begrenzt – ihre Kollektionen anbietet, lebt der Lebensmittelhandel vor allem von Milchprodukten, dem Verkauf von Obst und Gemüse und Süßigkeiten – von „stabilen Sortimenten“, die zu jeder Jahreszeit gekauft werden. Das saisonale Geschäft etwa mit den ständig wechselnden Geschmacksrichtungen des Gin künftig besser bedienen zu können, ist eine der Innovationen im aktuellen Release 1709 von SAP S/4HANA Retail for Merchandise Management.

Die drei Hauptvorteile von SAP S/4HANA

Die Lösung basiert auf SAP S/4HANA. Das hat drei wesentliche Vorteile – auch für den Handel:

1. User Experience: Die datenobjektbasierte Darstellung weicht rollenorientierten Screens. Viele Subscreens und Felder sind heute nicht mehr nötig. SAP-Fiori-Apps zeigen ausschließlich auf Aufgaben und Rollen fokussierte Informationen an.

2. SAP HANA: Die Lösung nutzt die Vorteile von SAP HANA, vereinfacht Datenstrukturen und erhöht Performance und Durchsatz.

3. Primärdaten: Analysen unterstützen Entscheidungen besser, da sie auf Primärdaten ausgeführt werden. Das vereinfacht Vorhersagen auf Basis von prädiktiven Algorithmen und Simulationen.

Die Spezialisierung für die Retail-Branche – SAP S/4HANA Retail for Merchandise Management – ist technisch auf dergleichen Instanz angelegt, wie das SAP-S/4HANA-Pendant für die Modebranche. Farben und Schnitte in der Fashion-Branche entsprechen dann den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen in der Lebensmittelbranche. „Es wird immer wichtiger, agil auf Kundenwünsche und -vorlieben zu reagieren“, sagt Kittler, der darin eine Stärke der neuen Lösung sieht.

“Wir nehmen den Unternehmen die Ängste und Befürchtungen, das Thema SAP S/4HANA anzugehen. (Hans-Hermann Kittler, Lead Architect im Bereich Digital Business Service Trade bei SAP)”

Standardservice: Valide Abschätzung über den Aufwand einer Implementierung

Besonders seit diesem Jahr bemerken Kittler und seine Kollegen aus der Beratung im Handel eine steigende Nachfrage nach SAP S/4HANA, jedoch auch Unsicherheit darüber, wie aufwändig eine Migration werden würde. Um dem entgegenzuwirken bietet SAP nun einen Standardservice an, der hilft, das geeignete Migrationsszenario zu finden, die relevanten Funktionen aus der 900-Seiten umfassenden Simplification List herauszufiltern und deren Komplexität und Nutzen gegenüberzustellen.

4 Schritte bis zur konkreten SAP-S/4HANA-Strategie

1. Vorüberlegungen (ca. 3 Wochen)

Die Digitalisierung steht bei vielen Unternehmen derzeit oben auf der Agenda. Für Kittler ist SAP S/4HANA die „zukunftsfähige Plattform“. Denn sie hält die Kernprozesse stabil, bietet aber über die SAP Cloud Platform und SAP Leonardo zusätzlich die Option auf innovative, digitale Geschäftsmodelle. Ist diese Entscheidung für SAP S/4HANA erst einmal gefunden, gibt es drei Migrationsszenarien. Ob die System Conversion, die Neuimplementierung oder eine Landscape-Transformation geeignet ist, hängt davon ab, wie radikal ein Unternehmen die Vergangenheit hinter sich lassen will, wie die Organisation aufgebaut ist und wie die IT-Landschaft aktuell aussieht. Bei der System Conversion wird die bestehende IT-Landschaft auf SAP S/4HANA umgestellt, die gesamte Historie konvertiert und mit dem neuen System weiterverarbeitet. Bei der Neuimplementierung wird keinerlei Ballast aus alten Implementierungen mitgenommen, nur die Daten – also Stammdaten, offene Belege, Salden und Bestände. Das Konzept einer Landscape Transformation sieht vor, viele Instanzen durch wenige zu ersetzen und so die Prozesse zwischen Geschäftsbereichen und internationalen Standorten zu verbessern. Mit diesen Optionen im Kopf startet der Readiness Check.

2. Readiness Check (ca. 1 Woche)

Der Readiness Check hat das Ziel, herauszufinden, mit welchen Themen aus der 900-Seiten umfassenden „Simplification List“ sich ein Unternehmen beschäftigen sollte. Bestehende Geschäftsprozesse und Add-ons werden dabei automatisch mit den Funktionen abgeglichen, die in der aktuellen Liste für das 1709er-Release enthalten sind. Zudem sind Händler selten auch produzierende Unternehmen. Entsprechende Funktionalitäten werden also nicht benötigt. Nach und nach dezimieren sich die Themen, mit denen sich die Unternehmen auseinandersetzen sollten. „Letztlich bleiben etwa 20 Themen übrig, deren Relevanz dann einzeln besprochen wird“, so Kittlers Erfahrung.

3. Value & Implementation-Strategy (ca. 3 Wochen)

Workshops folgen, in denen die Themen gebündelt werden. Experten für Einkauf, Bestandsführung und Filialwarenwirtschaft setzen sich dann ausschließlich mit der neuen finalen Liste auseinander, die nur noch jene Funktionen enthält, die angegangen werden müssen. Das Besondere: Jede einzelne Funktion wird hinsichtlich der zu erwartenden Komplexität, dem potenziellen Nutzen und der Dringlichkeit eingeschätzt. „Die Value-Implementation-Summary gibt Klarheit darüber, was getan werden kann, was getan werden muss und wann was getan werden sollte“, fasst Kittler zusammen.

Nicht immer passen die bisherige und die neue Welt direkt zusammen. So können sich Unverträglichkeiten des alten mit dem neuen System ergeben. „Es gibt Funktionen, die nicht mehr zur Verfügung stehen oder umgezogen werden müssen“, erläutert Kittler. Zum Beispiel erfordert SAP S/4HANA so genannte Business Partner. Während bisher Lieferanten und Kundenstämme getrennt wurden, müssen sie in SAP S/4HANA nun zusammengefasst werden. Nur unter dieser Voraussetzung wird das neue System „SAP-S/4HANA-ready“. Anderer möglicher Stolperstein: Immer wieder tauchen Add-ons von SAP-Partnern auf, die nicht SAP-S/4HANA zertifiziert sind. Das kann dazu führen, dass eine Implementierung zum Stillstand kommt. Diese möglichen Hindernisse werden identifiziert.

Zwischendurch: Custom Code Impact Analysis

Parallel zum Readiness-Check und der Value & Implementation Strategy schaut sich SAP zudem den selbst geschriebenen Custom Code des jeweiligen Unternehmens an. Das ist wichtig, um abschätzen zu können, wie viel Arbeit dafür nötig ist, bestehende Eigenlösungen in die neue Welt mitzunehmen. In der „Impact“-Analyse gibt SAP schließlich eine Grobeinschätzung, wie hoch der Aufwand für eine „syntaktische Umstellung auf Basis bestehender Business-Prozesse“ ist, wie Kittler erläutert – also unter der Voraussetzung, dass die gleichen Funktionen auch künftig eingesetzt werden sollen und keine weiteren ergänzt werden.

4. Ableitung Rollout-Strategie (2 Wochen)

Auf Basis der Value-Implementation-Summary ist nun klar, wie groß der Aufwand etwa für eine System-Conversion sein wird. „Wir nehmen den Unternehmen die Ängste und Befürchtungen, das Thema SAP S/4HANA anzugehen“, ist Kittler überzeugt. So hat sich kürzlich ein großer Einzelhandelskonzern dafür entschieden, den schon laufenden internationalen ERP-Rollout zu unterbrechen und auf SAP S/4HANA zu konvertieren. Die Frage war, ob der Rollout zuerst beendet werden sollte, bereits ausgerollte ERP-Systeme beibehalten und neue Systeme auf SAP S/4HANA ausgerollt werden sollten oder ob der „Fullstop“ eingelegt werden sollte, für den sich das Unternehmen letztlich entschieden hat. Bis diese Entscheidung gefallen ist, waren gerade einmal neun Wochen vergangen.

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Artikel vom 09.01.2018

Schlagwörter: ERP