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Hinweisgeberschutzgesetz: Meldestellen in Unternehmen werden Pflicht

Das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) trat Anfang Juli 2023 in Kraft. Betriebe ab 50 Beschäftigen sind seitdem zur Einrichtung und zum Betrieb einer internen Meldestelle verpflichtet, an die Angestellte rechtliche Verstöße im Unternehmen melden können.

Warum gibt es das Hinweisgeberschutzgesetz? 

Wer an Whistleblowing denkt, dem schießen vermutlich zunächst Namen wie Edward Snowden oder Chelsea Manning durch den Kopf. Hinweisgeber wie sie decken viele Missstände erst auf. Doch sie gehen dabei ein großes Risiko ein und fürchten Repressalien wie etwa Mobbing oder gar eine Kündigung. Um sie besser vor solchen Konsequenzen zu schützen, wurde im Dezember 2019 die EU-Whistleblower-Richtlinie verabschiedet. Diese verpflichtet Unternehmen dazu, Meldekanäle bereitzustellen, über die Beschäftige namentliche oder anonyme Hinweise zu Verstößen geben können. Im Juli 2023 trat dann das Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland in Kraft. Es ist die nationale Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie.

Wer kann Hinweisgeber sein? 

Das Gesetz regelt den Schutz natürlicher Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit an Informationen über Verstöße gelangen und sich damit an eine hierfür eingerichtete Meldestelle wenden möchten.

Doch wer kann eigentlich Hinweisgeber sein? Der Rahmen ist weit gefasst. Zu möglichen Hinweisgebern zählen beispielsweise 

  • Arbeitnehmer,
  • Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist,
  • Leiharbeitnehmer,
  • Praktikanten,
  • Stellenbewerber,
  • Selbstständige, die Dienstleistungen erbringen,
  • Freiberufler,
  • Auftragnehmer,
  • Lieferanten sowie deren Mitarbeiter,
  • Anteilseigner
  • und Personen in Leitungsgremien.

Um diese zu schützen, untersagt das Hinweisgeberschutzgesetz jegliche Repressalien und Vergeltungsmaßnahmen wie Abmahnungen, Disziplinarverfahren oder die Verweigerung einer Beförderung gegenüber Hinweisgebern. Bei Nichteinhaltung drohen Sanktionen gegen natürliche und juristische Personen. Verstöße, wie zum Beispiel das Behindern von Meldungen oder das Ergreifen von Repressalien, aber auch das wissentliche Offenlegen unrichtiger Informationen, gelten als Ordnungswidrigkeiten und werden mit einer Geldbuße geahndet.

Warum Unternehmen vom Hinweisgeberschutzgesetz profitieren 

Hinweise von Beschäftigten, die Missstände intern melden, können zu einer frühzeitigen und schnellen Fehlerbehebung beitragen. So sollten Unternehmen Hinweise als eine Art Frühwarnsystem verstehen. Rasch eingeleitete Gegenmaßnahmen können dabei auch eine Berichterstattung und Reputationsschäden abwenden. Darüber hinaus führt oftmals bereits die Existenz eines Hinweisgebersystems und die damit verbundene erhöhte Aufdeckungswahrscheinlichkeit nach einiger Zeit zu einem hohen präventiven Wirkungsgrad. Das Hinweisgeberschutzgesetz beinhaltet auch Regeln, die Arbeitgebern oder betroffenen Personen ermöglichen, bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschmeldungen Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

Wer muss ein Hinweisgebersystem einrichten? 

Arbeitgeber mit weniger als 50 Beschäftigten sind nicht verpflichtet, interne Meldekanäle einzurichten. Unternehmen und Organisationen ab 50 Beschäftigten müssen hingegen eine interne Meldestelle einrichten und betreiben.

Digitale Hinweisgebersysteme 

Interne Meldekanäle sollen die Abgabe von Hinweisen in mündlicher und schriftlicher, aber auch in persönlicher Weise ermöglichen. So kommen beispielsweise Anrufbeantwortersysteme, Whistleblower-Hotlines, extra eingerichtete E-Mail-Adressen, Beschwerde-Briefkästen oder IT-gestützte Hinweisgebersysteme in Frage.

Ein Anbieter für digitale Meldesysteme ist der DATEV-Marktplatz Premium Partner EQS Group. Das in München ansässige Unternehmen bietet Software für die Erfassung und Bearbeitung von Meldungen. Für Marcus Sultzer, Mitglied des Vorstands der EQS Group AG, hat der Datenschutz und somit die Anonymität der Whistleblower höchste Priorität: „Beschäftigte, die Kenntnisse von Missständen haben, diese jedoch nicht oder nicht ohne Risiko weitergeben können, sind einem hohem Maß an Stress ausgesetzt. Der Schutz der Hinweisgebenden muss somit durch technische Maßnahmen im System sichergestellt werden. Weder der Anbieter der Anwendung noch Dritte dürfen technische Einsicht oder Zugriff auf die sensiblen Daten erhalten.“

Digitale Meldekanäle haben Vorteile gegenüber anderen Möglichkeiten, etwa die Zuspielung von Dokumenten als Beweis für die Hinweise sowie eine anonyme Zwei-Wege-Kommunikation. Auf diese Weise können Whistleblower selbst bei Rückfragen anonym bleiben und müssen keine persönlichen Kontaktdaten zur Verfügung stellen. Die EQS Group setzt dies beispielsweise mittels eines digitalen Postkastens um, der über ein Pseudonym funktioniert. Die Berechtigungen zur Einsicht in Nachrichten können flexibel vergeben werden, so dass bei Bedarf auch Steuerberater oder Rechtsanwälte für die Bearbeitung hinzugezogen werden können.

Darüber hinaus müssen die Vertraulichkeit und Integrität des Hinweisgebers und Dritter, die in der Meldung genannt werden, gewahrt bleiben und unbefugten Mitarbeitern der Zugriff darauf verwehrt werden.

Zuständigkeiten festlegen und Bearbeitungsfristen beachten 

Unternehmen müssen eine oder mehrere Personen bestimmen, die Meldungen von Hinweisgebern entgegennehmen. Diese müssen innerhalb von sieben Tagen dem Whistleblower den Eingang der Nachricht bestätigen. Gleichzeitig sind sie dazu verpflichtet, die Meldungen zu prüfen und Folgemaßnahmen auf den Weg zu bringen. Über diese muss der Hinweisgeber innerhalb von drei Monaten informiert werden. Als Verantwortliche für die Meldestelle kommen beispielsweise Compliance Officer, HR Manager oder Legal Counsel in Frage, welche über die entsprechende Fachkunde verfügen. Gut zu wissen: Die Zuständigen müssen nicht von ihrer eigentlichen Tätigkeit freigestellt werden. Solange ihre anderen Aufgaben und Pflichten nicht zu Interessenskonflikten führen und sie unabhängig handeln können, können sie andere Tätigkeiten weiter ausführen.

Alternativ kann die Hinweisbearbeitung auch an Dritte wie externe Anbieter von Meldeplattformen oder Ombudspersonen (zum Beispiel Steuerberater oder Rechtsanwälte) ausgelagert werden. Entscheidend ist, dass die Berufsträger aufgrund ihrer beruflichen Stellung Unabhängigkeit, Vertraulichkeit und datenschutzkonformes Handeln gewährleisten.

Weitere Informationen zur Datev eG

Artikel vom 19.09.2024

Schlagwörter: Human Resources, Digitalisierung