Social Media im Personalwesen auf dem Vormarsch
Social Media Networking ist in aller Munde. Facebook, Twitter, Xing & Co. gewinnen nicht nur im privaten Umfeld eine immer größere Bedeutung, sondern auch in Unternehmen. Vor allem im PR- und Marketingbereich versuchen bereits viele Firmen, durch Tweets, Blogs und „Gefällt-mir-Buttons“ ihre Attraktivität und die Wahrnehmung vor allem bei jungen Zielgruppen zu steigern. Mehr werden folgen ‑ schließlich gilt Social Media augenblicklich als der Marketingtrend schlechthin. Dabei tritt in den Hintergrund, dass Social Media auch in anderen Unternehmensbereichen nutzbringend eingesetzt werden kann. Neben Marketing, PR, Service und Vertrieb trifft dies insbesondere auf den Personalbereich „Human Resources“ (HR) zu. Auf Fachmessen wie der „Personal“ ist die Nutzung von Social Media für den Personalbereich bereits ein heiß diskutiertes Thema. Softwareanbieter im HR-Bereich haben den Trend erkannt und integrieren zurzeit verstärkt Social-Media-Anwendungen und Schnittstellen in ihre Lösungen. Dabei werden aufgrund der Strahlkraft des Begriffes verschiedenste Anwendungen – zum Teil auch altbekanntes ‑ unter dem Oberbegriff Social Media zusammengefasst.
Anwendungsbeispiele für Social Media ‑ Recruiting, Employer Branding & Co.
Social-Media-Anwendungen können in allen Bereichen des Personalwesens gewinnbringend eingesetzt werden ‑ sowohl bei der Suche nach dem passenden Personal, dem Recruiting, als auch bei der Personalentwicklung und dem Controlling.
Gerade beim Recruiting greifen immer mehr Personaler auf Social-Media-Anwendungen zurück. Eine bereits weit verbreitete Methode ist das Abgleichen von Bewerberunterlagen mittels Facebook oder Xing. In einer Umfrage der IFOK GmbH gaben ca. 60 % der Personaler an, bereits mit diesen Instrumenten zu arbeiten.
Talent- und Bewerbermanagement durch Social Media optimieren
Doch insbesondere beim Kampf um die fähigsten und talentiertesten Köpfe setzt man in vielen Personalabteilungen verstärkt auf den Ausbau eigener Social-Media-Kanäle: Die eigene Facebook-Seite wird zur Karriere-Fanpage ausgebaut, multimediale Angebote wie Videos oder Podcasts werden angeboten und die Präsenz in Bewerberforen erhöht. Durch diesen Einsatz erhoffen sich die Unternehmen eine Steigerung ihrer Attraktivität als Arbeitgeber ‑ Stichwort: Employer Branding. Viele Unternehmen haben – vor dem Hintergrund des nach wie vor akuten Fachkräftemangels – erkannt, dass es für das weitere Unternehmenswachstum mitentscheidend ist, qualifiziertes Personal für sich zu gewinnen. Daher rückt Talentmanagement verstärkt in den Fokus vieler Personalabteilungen. Gerade hier bieten sich Business-Netzwerke wie LinkedIn und der deutsche Marktführer XING an. Dadurch können nicht nur externe Personalberater und Vermittlungsdienstleister eingespart werden, auf diese Weise wird auch der Suchprozess erheblich vereinfacht. Entscheider können schnell und informell mit potenziellen Kandidaten für zu besetzende Stellen Kontakt aufnehmen. „Es ist deutlich zu spüren, dass sich immer mehr Unternehmen über das ‚Social Recruiting‘ informieren und nach Möglichkeiten suchen, diese Medien für sich im Tagesgeschäft nutzbar zu machen“, berichtet Michael Gottwald aus seiner eigenen Tätigkeit als Geschäftsführer der Hamburger Unternehmensberatung SoftSelect. Neben den Business-Netzwerken rücken dabei auch die Social Networks wie Facebook und StudiVZ in den Fokus der Personaler, da sich hier die Zielgruppe der Bewerber tummelt. Durch eine Erhöhung der Präsenz auf diesen Plattformen erhoffen sich die HR-Abteilungen eine gezieltere Ansprache und einen engeren Austausch mit Bewerbern und potenziellen Kandidaten. So kann beispielsweise in der Bewerbungsphase nach einem ersten Vorstellungsgespräch mittels sozialer Netzwerke der unmittelbare Dialog mit den Bewerbern gepflegt werden.
Personaler fordern die Integrierbarkeit von Social Networks in HR-Systeme
Der Wunsch der Personalentscheider nach Social-Media-Anwendungen stieg in der letzten Zeit sprunghaft an. Aus der in Kürze vom (Hamburger Marktforschungsinstitut) SoftSelect erscheinenden „SoftTrend Studie 262 - Human Resources 2011“ zum Thema Social Media gestütztes Recruitment, Knowledge Management und Talent Management geht hervor, dass von den über 500 befragten Unternehmen 64,2 %. Interesse an Social-Media-Anwendungen haben. Der Wert im Jahr 2009 lag mit 35,2 % deutlich darunter.
Bei der Frage für welche Bereiche man Social-Media-Anwendungen einsetzen würde, fällt das Ergebnis eindeutig aus: 89,2 % der gegenüber Social-Media-Anwendungen aufgeschlossenen Personaler wünschen sich Lösungen für das Recruiting. In anderen Bereichen hingegen ist das Interesse an Social Media weniger stark ausgeprägt. Lediglich ein knappes Viertel (23,4 %) der Personalentscheider möchte Social Media im Bereich Employer Branding einsetzen. In der Personalentwicklung der Bereich mit 11,5 % sogar noch deutlich tiefer.
Trotz des weit verbreiteten Wunsches nach besserer Integrierbarkeit von Social-Media-Anwendungen ist die Verbreitung von Social Media im HR-Bereich noch nicht weit fortgeschritten. Zwar beschäftigen sich viele Entscheider bereits mit dem Thema bzw. wollen dies in naher Zukunft tun, doch nutzt erst ein geringer Teil der befragten Unternehmen Social-Media-Anwendungen konsequent. Vor allem Großunternehmen sind bereits auf den Social-Media-Zug aufgesprungen, während sich kleine und mittelständische Unternehmen hingegen mit der Nutzung noch schwer tun. Dabei sind sie es, die den Fachkräftemangel am deutlichsten zu spüren bekommen.
Weitere Beispiele für Social-Media-Anwendungen im HR-Bereich – Personalentwicklung, Weiterbildung und E-Learning
Während beim Recruiting also vor allem auf öffentliche Social-Media-Plattformen zurückgegriffen wird, etablieren sich beim Personalmanagement und der Personalentwicklung zunehmend unternehmensinterne Social-Media-Plattformen wie Foren und Wikis. Das klassische Intranet wird zunehmend durch interaktive Angebote erweitert. Durch diese sollen die Mitarbeiter auch über verschiedene Unternehmensstandorte hinweg vernetzt agieren können. Durch Foren und Wikis sollen Mitarbeiter in einen regen Austausch geraten, gleichberechtigt miteinander diskutieren und sich gegenseitig Hilfestellung geben können. Zum anderen soll das Know-how der einzelnen Mitarbeiter für das Unternehmen besser zugänglich gemacht werden.
Auch in der betriebsinternen Weiterbildung finden Social-Media-Anwendungen Einsatz. Gerade hier sind die Kerngedanken von Social Media – die Weitergabe von Wissen und das vernetzte Arbeiten ‑ von entscheidender Bedeutung. Mitarbeiter können zum Beispiel gezielt mittels E-Learning-Plattformen geschult werden. Erfahrenere Kollegen konzipieren die Lerninhalte, geben Hilfestellung und überprüfen die Fortschritte der Teilnehmer.
Schwierigkeiten bei der Anwendung von Social Media
Ein zentrales Problem bei der Anwendung von Social Media im HR-Bereich ist, dass Erfolge nur schwer messbar sind. Zwar gibt es Indikatoren wie die Anzahl an „Fans“, „Freunden“ und „Followern“, doch sagen diese Zahlen nichts aus über die Qualität der Kontakte. Es kann sich hierbei genauso gut um eigene Mitarbeiter, Karteileichen, Kunden oder potenzielle Interessenten handeln. 100 aktive Mitglieder sind zweifelsohne mehr wert als 1000 Karteileichen. Der Einsatz von personellen Ressourcen lässt sich anhand dieser Größen nur schwer rechtfertigen. Experten plädieren daher, weniger auf die nackten Zahlen zu schauen, als vielmehr die Qualität der Kontakte hervorzuheben. Die Gewinnung eines hoch qualifizierten Mitarbeiters durch den gezielten Einsatz von Social Media kann bereits ein beachtlicher Erfolg sein.
Des Weiteren darf der finanzielle und personelle Aufwand für eine erfolgreiche Social-Media-Strategie und eines gelungenen Auftritts nicht unterschätzt werden. Zwar ist die Einrichtung entsprechender Kanäle mit geringen Kosten verbunden und vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen, jedoch bedarf es zur Pflege der Kanäle ungleich höheren Aufwands. Ein gelungener Auftritt auf Facebook erfordert permanenten Personalbedarf, so dass zum Teil neue Stellen, wie die eines Social Media Managers, geschaffen werden müssen.
Bei Betrachtung des Social-Media-Auftrittes mancher Unternehmen stechen zudem zwei weitere Schwierigkeiten ins Auge. Zum einen binden viele Unternehmen ihre Social-Media-Strategie nur unzureichend in die Marketingstrategie bzw. gesamte Unternehmensstrategie ein. Zum anderen wird häufig übersehen, dass es nicht allein damit getan ist, bereits vorhandenen Content einfach in Facebook & Co. einzustellen. Die Inhalte sollten vielmehr speziell auf das jeweilige Portal und die jeweilige Zielgruppe abgestimmt werden. Wie bei allen Internetangeboten gilt auch hier, dass dem User ein möglicher Mehrwert angeboten werden muss. „Über einen gelungenen Facebook-Auftritt allein werden Unternehmen die Top-Talente sicher nicht für sich gewinnen können“, gibt Michael Gottwald zu bedenken. „Es gilt vielmehr, eine gelungene Kombination aus Social Media und traditionellen Angeboten zu offerieren. Kurz: Der Recruiting-Mix muss stimmen.“
Aussicht
Social Media ist im HR-Sektor eindeutig auf dem Vormarsch. Nimmt man den Marketingbereich als Maßstab, ist die Verbreitung von Social-Media-Anwendungen im Personalwesen zwar noch vergleichsweise gering. Doch sind es gerade die Großunternehmen, die den Trend früh erkannt haben und eine eigene Social-Media-Strategie verfolgen. Durch den Fachkräftemangel stehen auch kleine und mittelständische Unternehmen unter Zugzwang, ihre Social-Media-Aktivitäten auszuweiten, wollen sie den Kampf um die hochqualifizierten Talente nicht verlieren.
Im Personalmanagement und der Personalentwicklung finden Social-Media-Anwendungen wie Foren, Wikis und E-Learning-Plattformen immer stärkere Verwendung. Mitarbeiter sollen so besser eingebunden und miteinander vernetzt und letztlich ihre Produktivität erhöht werden. Das Wissen und Know-how sollen zugleich im Unternehmen gehalten und den Kollegen zugänglich gemacht werden. Durch die Ausbreitung von Social Media setzt so ein schleichender Paradigmenwechsel hin zu einer offenen Unternehmenskultur ein.
Doch bei aller Euphorie über die Möglichkeiten sozialer Netzwerke werden manche Unternehmen in der Praxisanwendung auf den nackten Boden der Tatsachen zurückgeholt. Social Media gelingt nur, wenn die Mitarbeiter die Angebote auch wahrnehmen. Diese Mitmachkultur muss vieler orten jedoch erst ausgeprägt werden.
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